Dominikanische Stimmen aus der Ukraine – Oktober 2022

Wir verstärken hier die Stimmen unserer Mitbrüder aus dem ukrainischen Kriegsgebiet. Sie engagieren sich mit allen Kräften vor Ort für Menschen, die Hilfe brauchen. Pater Jarosław Krawiec wurde für seine „Briefe aus der Ukraine“, die wir hier auf Deutsch übersetzt dokumentieren, mit dem diesjährigen Good News-Medienpreis der Schweizer Bischofskonferenz ausgezeichnet.

Wenn Sie unsere dominikanische Familie in der Ukraine unterstützen wollen, ist dies z.B. direkt über ihre Aktionswebseite hilfeukraine.dominikanie.pl möglich. Dort haben die ukrainischen Dominikaner mit ihren polnischen Mitbrüdern Infos und direkte Wege aufgeführt: Was wird dringend gebraucht? Wo helfen die Dominikaner im Kriegsgebiet? Wie kommen die Sachen zu den Menschen? Will ich Geld spenden oder direkt konkrete Lebensmitteleinheiten? Herzlichen Dank an alle Unterstützenden!


Khmelnytskyi, Montag, 31. Oktober, 8:10 Uhr

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Abends ist es in den Straßen der ukrainischen Städte jetzt dunkel. Da man Strom sparen muss, sind die meisten Lichter ausgeschaltet. Als ich kürzlich ein Geschäft verließ, entdeckte ich einen deutschen Schäferhund, der mich neugierig ansah. Dann begann der Hund mit einer Frauenstimme zu sprechen. Ich war erstaunt! Nach ein paar Sekunden erkannte ich, dass seine Besitzerin neben dem Hund saß. Durch die Dunkelheit getarnt und für die Welt unsichtbar sprach sie laut am Telefon.

Ein viel größeres Problem als Tiere, die mit menschlichen Stimmen sprechen, ist für Autofahrende und Fußgänger die Tatsache, dass die Ampeln ausgeschaltet sind. Das kommt immer häufiger vor. Allein am Freitag, als ich nach Chmelnyzkyj fuhr, wurde ich Zeuge eines Unfalls mit Blechschaden auf der Kreuzung, die Straßen waren mit Verkehr verstopft und für jemanden, der die Stadt nicht gut kennt, fällt die Orientierung schwer. Ich war erleichtert, als ich endlich am Konvent ankam.

Viele Menschen in der Ukraine tragen dunkle Kleidung (inklusive mir!), und bei gedimmten oder ausgeschalteten Lichtern sind die Fußgänger nicht gut zu sehen. Als ich vor kurzem die Kathedrale in Kiew besuchte, kaufte ich deshalb reflektierende Armbänder – ein ideales Geschenk nicht nur für Kinder in der Zeit der, wie die Polen sagen, „ägyptischen Dunkelheit“, obwohl es hier eigentlich „russische Dunkelheit“ heißen müsste. Zumal auf den Bändern die klare Aussage steht: „Ich liebe Jesus.“

In Fastiv gibt es die meiste Zeit des Tages keinen Strom. Glücklicherweise hat fr. Misha einige Generatoren besorgt, die es ermöglichen, dass der Konvent und das Haus des Heiligen Martin elektrisch versorgt sind. Langsam gewöhnen sich alle an das Geräusch der Motoren, die Energie erzeugen. Allerdings macht sich Pater Pavel ein wenig Sorgen wegen des Geldes für den Treibstoff, der, wenn er zur Stromerzeugung verwendet wird, sehr schnell zur Neige geht.

In letzter Zeit haben die wiederholten Bombardierungen der Energieinfrastruktur das Leben von Millionen von Ukrainern sehr erschwert. Mein Eindruck ist, dass es den Angreifenden nicht gelungen ist, den Geist und die Hoffnung der Nation zu brechen. Mark, der Vorsitzende der dominikanischen Laien in Kiew, hat es treffend beschrieben, als er sagte: „Kiew kann nicht ausgeschaltet werden, und es kann nicht in Dunkelheit versinken, denn die Quelle des Lichts in der Ukraine sind die Menschen.“ Und dann fügte er ein Zitat aus dem Johannesevangelium (1:5,9) hinzu: „Das Licht leuchtet in der Finsternis, und die Finsternis hat es nicht überwunden. … Das wahre Licht, das jeden Menschen erleuchtet, ist in die Welt gekommen.“

Obwohl in Kiew wie in den meisten ukrainischen Städten häufig der Strom abgestellt wird, verlieren die Ukrainer nicht ihren Sinn für Humor. Kürzlich sagte jemand: „Zum ersten Mal seit acht Jahren hat mein Nachbar endlich aufgehört, zu den erstaunlichsten Tages- und Nachtzeiten in den Wänden zu bohren. Danke, Energieunternehmen, für ein neues Leben“. Frau Katya, eine Köchin in unserem Konvent, erzählte mir, dass in ihrem Wohngebäude, wie in den meisten in Kiew, alles mit Strom betrieben wird: Wenn also morgens der Strom ausfällt, kann man nicht einmal Wasser kochen. Alle kommen irgendwie zurecht, aber ich kann mir vorstellen, wie viel schwieriger es für Eltern mit kleinen Kindern oder für kranke Menschen ist, den Tag zu beginnen.

Die Bewohner hoher Gebäude haben gelernt, dass sie die Treppe dem Aufzug vorziehen sollten, wenn sie pünktlich ankommen wollen. In einigen Hochhäusern werden in den Aufzügen Essen, Getränke, ein Stuhl zum Sitzen und Beruhigungsmittel für den Fall bereitgehalten, dass jemand für längere Zeit im Aufzug stecken bleibt. Gestern hat jemand im Radio bemerkt, dass es nicht immer notwendig ist, Hemden und Röcke elegant zu bügeln. Bügeleisen verbrauchen viel Strom, also wäre es vielleicht gut, ein paar neue Trends in der Kriegsmode zu setzen. Aus praktischen Gründen finde ich das eigentlich gut, auch wenn ich den dominikanischen Habit definitiv lieber gebügelt hätte.

Ich besuche jetzt unsere Konvente in der Ukraine. Als ich mich auf diese neue Reise vorbereitete, erinnerte ich mich an die Worte aus dem biblischen Buch Amos (5:14): „Suchet das Gute und nicht das Böse, auf dass ihr lebt.“ Zu Beginn meiner Gespräche mit den Brüdern bitte ich sie gewöhnlich, mir etwas Gutes zu erzählen, etwas, das in letzter Zeit in ihrem Leben passiert ist. Sie erzählen von ihren Erfahrungen der letzten Monate und betonen, wie sehr der Krieg sie den Menschen näher gebracht hat, denen sie dienen, neben denen sie leben und für die sie täglich beten. Ich kann das gut verstehen. Ich hätte genauso geantwortet… Wenn ich in Polen bin und mir jemand besorgt sagt, ich müsse doch sehr froh sein, dass ich in meiner Heimat bin, wo kein Krieg herrscht, dann antworte ich, dass das nicht ganz stimmt, denn meine Heimat und mein Herz sind jetzt im Land am Dnjepr. Für mich ist das Gute, das aus der Zeit des Krieges hervorgegangen ist, auch die erstaunliche Solidarität der dominikanischen Familie, die ich seit Beginn der russischen Aggression erfahren habe. Ich kann all die Gespräche, Treffen, E-Mails und Briefe nicht zählen, die uns nicht nur von meinen Freunden und Verwandten, sondern auch von vielen verschiedenen Brüdern, Schwestern und dominikanischen Laien in der ganzen Welt erreicht haben. Ich bin Ihnen allen sehr dankbar.

Vor einer Woche begannen die ersten Klassen des neuen Studiengangs für liturgische Musik an unserem Institut Thomas von Aquin in Kiew. Sein Gründer ist mein Mitbruder Thomas, der nicht nur ein dogmatischer Theologe, sondern auch ein Musiker ist. Fünfzehn Personen haben sich angemeldet, das ist genau die Zahl der Plätze, die wir zur Verfügung hatten. Die Studenten kommen aus Kiew, Lemberg, Uchhorod und Dnipro, und einige Vorlesungen werden auch von Professoren und Studenten des Kiewer Musikkonservatoriums besucht, die die Geschichte der Chormusik und des theologischen Denkens des westlichen Christentums studieren wollen. Ich bin sehr froh, dass fr. Thomas zusammen mit einem Team aus der Ukraine und Polen den Mut hatte, die Herausforderung anzunehmen, ein neues Studienangebot zu schaffen, trotz einer so unsicheren Zeit wie der des Krieges.

Frater Misha und die Freiwilligen aus dem Haus Sankt Martin bereiten sich auf eine weitere Reise in die Ostukraine vor, um humanitäre Hilfe zu leisten. Ich hoffe, dass es ihnen dieses Mal gelingen wird, die kürzlich von der russischen Besatzung befreiten Gebiete im Gebiet Charkiw zu erreichen. Dies wird bereits ihre dritte Reise sein. Es überrascht nicht, dass sich die Bewohner des Dorfes Vilkhuvatka, das nur 10 km von der Grenze zu Russland entfernt liegt, sehr gut an den letzten Besuch ihrer Gäste aus Fastiv erinnern. „Du bist es! Seht mal, ich habe noch die Tüte, in der ihr uns Essen gegeben habt.“ Neben Lebensmitteln werden sie auch warme Decken und andere Dinge liefern, die helfen, den kommenden Winter zu überstehen. Die Freiwilligen haben auch Hilfsgüter für Odessa mitgenommen. Fast zehn Tonnen Lebensmittel sind bereits in der Stadt angekommen, die vielen Flüchtlingen aus dem Süden des Landes Zuflucht gewährt hat. Unsere Hilfsgüter gingen auch an die kürzlich befreiten Dörfer in der Umgebung von Cherson und Mykolaiv, vor allem durch die Fürsprache der örtlichen Freiwilligen. Frater Misha erzählt mir, dass er und seine Mitarbeiter versuchen, bei der schwierigen Evakuierung einer schwangeren Frau und ihrer drei kleinen Kinder zu helfen. Ich hoffe, dass es gelingen wird und sie im Haus des Heiligen Martin in Fastiv unterkommen können.

Von der Kapelle im Konvent in Chmelnyzkyj aus kann man ein großes Wohnviertel sehen. Während des Morgengebets, als ich sah, wie die Stadt zum Leben erwachte, musste ich an die Zukunft denken. Was wird in den nächsten Monaten mit der Ukraine geschehen? Wie werden die ukrainischen Städte in den kommenden Jahren aussehen? Diese Fragen stellen wir in unseren Gesprächen sehr häufig, und sie enden meist mit der Feststellung, dass der Krieg nicht so bald enden wird. Gestern haben wir während der Gebete ein Fragment aus der Pastoralkonstitution über die Kirche in der Welt von heute „Gaudium et Spes“ des Zweiten Vatikanischen Konzils gelesen, in dem es darum geht, dass der Frieden nicht einfach das Fehlen von Krieg ist, sondern eine Frucht der Gerechtigkeit, und dass „der Friede niemals endgültig und für immer feststeht; der Aufbau des Friedens muss ständig weitergehen“. Ich habe den Eindruck, dass die Väter des Konzils, die sich in ihrer großen Mehrheit an den schrecklichen Zweiten Weltkrieg erinnerten, besser als viele von uns verstanden haben, was Frieden ist, wie schwierig er ist und wieviel er kostet. Frater Thomas aus Lviv teilte kürzlich diese Überlegungen mit: „Seit acht Monaten herrscht Krieg in der Ukraine. Und es hat sich immer noch nichts geändert: Lasst uns für den Frieden beten… Es ist an der Zeit, für den Sieg der Ukraine zu beten, oder zumindest für einen siegreichen Frieden.“ Ich verstehe Thomas‘ Engagement, uns an den Frieden zu erinnern, der eine Frucht der Gerechtigkeit ist. Lasst uns also für den Sieg beten!

Mit großem Dank für alle Hilfe, die der Ukraine angeboten wird, und mit Grüßen und der Bitte um Gebet,

Jarosław Krawiec OP


Kiew, Montag, 10. Oktober, 14:45 Uhr

Liebe Schwestern, liebe Brüder,

Wir bitten um Eure Gebete. Der heutige Tag ist schrecklich. Es fliegen eine Menge Raketen. In Kiew kommt es zu Explosionen, es gibt Verletzte und Tote. Auch in vielen anderen Großstädten. Ich habe seit Tagen nicht mehr geschlafen. Ich habe Angst. Die Situation überfordert mich langsam.

Diese Nachricht erhielt ich heute früh vor 8.00 Uhr aus der Ukraine. Da ich gerade in Polen bin, habe ich sofort angefangen, die Nachrichten zu verfolgen: Beängstigendes über den Raketenbeschuss im ganzen Land. Kiew, Chmelnyzkyj, Lwiw, Dnipro, Winnyzja, die Gegend um Iwano-Frankiwsk, Sumy, Charkiw, Schytomyr, Kropiwnyzkyj, Saporischschja, der Süden des Landes – der ukrainische Präsident zählt die Orte auf, die seit dem Morgen von den Russen zerstört wurden. In einem in den sozialen Medien veröffentlichten Video spricht Wolodymyr Selenskyj vor einem Verwaltungsgebäude im Herzen von Kiew. Vor wenigen Augenblicken waren Raketen neben ihm niedergegangen. Eine Litanei der Orte, eine Litanei des Todes, des Schmerzes, des Weinens und der Zerstörung.

Ich hatte nicht vor, diesen Brief heute zu schreiben, sowie Millionen von Ukrainern nicht vorhatten, den Tag und die neue Woche mit Ungewissheit, Angst um ihr Leben, um ihre Kinder und ihre Lieben zu beginnen. Die heutigen Angriffe sind eine russische Vergeltungsmaßnahme für die Zerstörung der Krim-Brücke am vergangenen Samstag. Eine der feindlichen Raketen traf die Glasbrücke, eine moderne Fußgängerbrücke, die zwei Hügel im Zentrum von Kiew verbindet und auf Initiative des Bürgermeisters Vitali Klitschko errichtet wurde. Soweit ich es weiß, hat der Angriff die zerbrechliche Struktur aus Metall und Glas jedoch nicht zerstört. Ein sehr aufschlussreiches Zeichen.

Unsere Klöster und Kirchen wurden nicht beschädigt. Die Brüder in Kiew hörten deutlich Explosionen, als mehrere Raketen im Stadtzentrum einschlugen. Viele Menschen, die gerade auf dem Weg zur Arbeit oder zur Schule waren, suchten sofort Schutz, vor allem in den U-Bahnstationen; der U-Bahnverkehr auf einer der drei Linien wurde eingestellt, damit sich die Menschen in den Tunneln in Sicherheit bringen konnten. Auch die Gegend um den Hauptbahnhof wurde beschossen. Pater Mischa sah Raketen über Fastiw fliegen. „Ich war gerade beim Einkaufen auf dem Stadtmarkt, als russische Raketen über unseren Köpfen auftauchten.“, erzählt er am Telefon: „Die Leute haben sich hingesetzt oder auf den Boden gelegt“. Und schon fügt er mit einem Lächeln hinzu, dass er es geschafft hat, seine Einkäufe zu erledigen und leckeren ukrainischen Salo (Anm. d. Red.: marinierter Speck, ähnlich dem italienischen Lardo) ins Kloster zu bringen. In Chmelnyzkyj gingen während der Messe die Lichter aus. Viele Raketen haben die Strominfrastruktur getroffen, so dass zahlreiche ukrainische Städte und Dörfer keinen Strom haben. An einigen Stellen gibt es auch kein Wasser. In Tschortkiw wurde angekündigt, dass alle Kindergärten und Schulen bis Ende der Woche auf Online-Unterricht umgestellt werden. Die kommenden Tage werden für die Menschen in der Ukraine sicherlich schwierig werden.

Gestern sind Pater Lukas, der polnische Provinzial, und ich aus Lourdes zurückgekehrt, wo wir an einer dominikanischen Rosenkranz-Wallfahrt teilgenommen haben. Wir wurden von den französischen Brüdern eingeladen, die uns seit Beginn des Krieges begleiten und uns sehr unterstützt haben. Sie baten uns, über die Geschehnisse in der Ukraine zu erzählen. Bei dem Treffen am Freitag, das in der großen, mit Pilgern gefüllten Halle des Lourdes-Heiligtums stattfand, sprachen wir gemeinsam mit Pater Lukasz und Pater Zdzislaw Szmańda aus Genf, die zuvor jahrelang in Kiew gelebt hatten, über den Dienst der Dominikaner in dem vom Krieg zerrütteten Land, das tägliche Leben der Menschen in der Ukraine, die geistliche Erfahrung dieser Zeit und die sozialen und historischen Bedingungen des Krieges. Auf dem Weg nach Lourdes hielten Pater Lukas und ich uns kurz im Kloster der Dominikanerinnen in Dax auf. Es war gut, unsere Schwestern zu treffen und gemeinsam für die Ukraine zu beten. Ich bin mir dessen bewusst, dass dies nur eines von vielen Nonnenklöstern auf der ganzen Welt ist, die jeden Tag für uns beten. Dafür sind wir den Schwestern sehr dankbar! Wir verließen Lourdes mit großer Dankbarkeit gegenüber unseren französischen Brüdern und Schwestern und der gesamten dominikanischen Familie für ihre Solidarität mit der Ukraine.

Die vergangene Woche war auch gefüllt mit freudigen Ereignissen in unserem Haus St. Martin de Porres in Fastiw: Pater Mischa wurde zusammen mit Dutzenden anderer Personen – Vertreter verschiedener Konfessionen und Religionen – vom Präsidenten des ukrainischen Parlaments, Ruslan Stefantschuk, für seinen Einsatz während des Krieges geehrt. Die Preisverleihung fand im Herzen der ukrainischen Hauptstadt in der ältesten Kirche Kiews, der Kathedrale der Göttlichen Weisheit, statt. In Polen fand am Donnerstag in der Krakauer Philharmonie eine Gala zur Verleihung des Veritatis-Splendor-Preises (Anm. d. Red.: „Glanz der Wahrheit) statt zu Ehren von Johannes Paul II. Dieser „Krakauer Nobel-Preis“ wird alle zwei Jahre von den dortigen Behörden für besondere Verdienste um die Förderung des Dialogs zwischen den Kulturen im sozialen Bereich verliehen. In diesem Jahr war das Haus St. Martin de Porres einer der drei Preisträger der Auszeichnung. Bei der feierlichen Zeremonie waren neben den Dominikanern aus Krakau und Warschau auch Wira und Marzena sowie unsere Krakauer Freunde, die mit dem Haus in Fastiw verbunden sind, anwesend. Ich freue mich sehr über diese Auszeichnung und gratuliere sowohl Pater Mischa als auch all den Menschen, die das St. Martin’s House aus unterschiedliche Art und Weise unterstützen, den Freiwilligen, der caritativen Gruppe am Dominikanerkloster in der Freta-Str. in Warschau, den Menschen, Gemeinden und Institutionen, die diese Arbeit finanziell unterstützen, humanitäre Hilfe organisieren und im Gebet begleiten. Dies ist Ihre Belohnung und Anerkennung für Ihr Engagement für Menschen in Not.

Pater Alain Arnauld, der Sozius des Ordensmeisters, besuchte kürzlich die Ukraine. Er war bei uns zum zweiten Mal seit Kriegsbeginn, diesmal in Fastiw, Kiew und Chmelnyzkyj . Ich schätze die Treffen mit Pater Alain sehr. Er ist ein Mann mit großem Herz, brüderlicher Sensibilität und Weisheit. Er verbrachte viel Zeit mit uns und lernte sowohl die Brüder als auch die Freiwilligen des Hauses St. Martin de Porres sowie unsere dominikanischen Laien in Fastiw und Kiew kennen.

Letzte Woche hat Pater Misha zusammen mit Pater Ruslan, dem Rektor des Priesterseminars der Diözese Kiew, und einer Gruppe von Freiwilligen aus dem Haus des Heiligen Martin de Porres humanitäre Hilfe in den Osten der Ukraine gebracht. Sie waren in unserem Kloster in Charkiw, in dem Pater Andrzej jetzt als Seelsorger tätig ist, und fuhren dann weiter in den Süden nach Balaklija und in mehrere Dörfer in der Region Isjum, die kürzlich vom ukrainischen Militär von der russischen Besetzung befreit wurden. Sie erzählen uns, dass die Orte wie ein verwundetes und geschlagenes Volk aussehen, überall sieht man massive Zerstörungen, verbrannte und zerstörte Gebäude, verstümmelte Bäume, von Panzern aufgerissenes Land und – was am schlimmsten ist – Menschen, die nicht nur körperlich verwundet sind, sondern innerlich; sie leiden und weinen. Man kann ein ganzes Meer von Not sehen. Die Bewohner der seit fast sechs Monaten besetzten Gebiete sind dringend auf Hilfe angewiesen. Vor allem auf Sachen, die sie vor der aufziehenden Kälte und dem Winter schützen. „Wir werden Bettdecken und Kissen nähen, damit sie beim nächsten Mal etwas zum Verschenken haben“, fügt Pater Mischa hinzu. Mehr als sieben Tonnen Lebensmittel, Medikamente sowie die sogenannten „zivilen“ Kocher und Gasflaschen wurden inzwischen in den Osten der Ukraine geliefert, damit die Bewohner der verwüsteten Dörfer ihr Essen kochen können.

Heute haben wir alle wieder gesehen, dass dieser schreckliche Krieg noch lange nicht zu Ende ist und noch immer das Leben, die Gesundheit und die Hoffnung von Millionen von Ukrainern kostet. In Kiew und Fastiw denkt man mit Sorge an die Bedrohung aus dem Norden, d.h. an eine mögliche Invasion russischer und weißrussischer Truppen. Wie die große Mehrheit der Ukrainer bin ich jedoch fest von der Stärke und Effizienz unserer Armee überzeugt, die ihr Heimatland bereits monatelang tapfer verteidigt. Mögen sie so wenig Arbeit wie möglich haben.

Ich bitte Sie inständig, weiterhin für die Ukraine und für uns zu beten. Bitte hören Sie nicht auf, in irgendeiner Weise zu helfen, denn Hilfe wird nach wie vor dringend benötigt.

Mit Grüßen und Gebet,

Jaroslaw Krawiec OP


Bisherige Briefe seit Kriegsbeginn:

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